Aktuell in der GmbHR

Gründungen mit Bar- oder Sacheinlagen und Gesellschafterbeschlüsse im Onlineverfahren: Neuerungen durch das DiREG (Wicke, GmbHR 2022, 516)

Die Vorschriften zur digitalen Gründung und Anmeldung von GmbHs sollen noch vor ihrem Inkrafttreten am 1.8.2022 erweitert werden. Nach einer entsprechenden Verlautbarung im Koalitionsvertrag und einem erst kürzlich bekannt gewordenen Referentenentwurf liegt nun bereits der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) vor, der das notarielle Onlineverfahren auf Sachgründungen, Gründungsvollmachten und einstimmig beschlossene Satzungsänderungen einschließlich Kapitalmaßnahmen ausdehnen möchte, eine dispositive Rechtsgrundlage für einfache virtuelle Beschlussfassungen enthält und digitale Registeranmeldungen für weitere Rechtsträger eröffnet. Im Folgenden sollen die neuen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in der durch den Regierungsentwurf zu ändernden Fassung dargestellt und kritisch beleuchtet werden.

I. Europarechtlicher Hintergrund
II. Onlinegründung

1. Gesetzeswortlaut nach dem DiREG
2. Anwendungsbereich
a) Bargründungen
b) Sachgründungen
c) Nebenleistungspflichten
d) Sonstige Willenserklärungen
e) Gesellschafterbeschlüsse im Kontext der Gründung
III. Anmeldungen zum Handelsregister
1. GmbH
2. GmbH & Co. KG und andere Rechtsträger
IV. Virtuelle Gesellschafterversammlungen
1. Versammlungen i.S.v. § 48 Abs. 1 GmbHG
2. Erweiterung der Versammlung in den virtuellen Raum durch § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG-DiREG
3. Zweistufiger Aufbau
4. Zustimmungserfordernis und Teilnahmerecht
5. Textform der Zustimmung
6. Ein folgerichtiger Schritt zur Digitalisierung
V. Satzungsänderungen der eingetragenen GmbH
1. Anwendung der Vorschriften über die elektronische Gründungsniederschrift
2. Einstimmige Beschlüsse
3. Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation
4. Kein Beurkundungserfordernis aufgrund anderer Formvorschriften
5. Aufnahme sonstiger Willenserklärungen und einfacher Gesellschafterbeschlüsse
VI. Gesellschafter- und Übernehmerliste: one in, one out!
VII. Anpassung der Verfahrensvorschriften
VIII. Bewertung und Perspektiven


I. Europarechtlicher Hintergrund

1
Das DiREG setzt auf dem bereits verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen DiRUG auf, das der Umsetzung der DigitalisierungsRL und der dadurch geänderten GesRRL dient: Nach deren Art. 13g Abs. 1 ist zu gewährleisten, dass die Gründung vollständig online durchgeführt werden kann, ohne dass Gründer oder Antragsteller persönlich vor der zuständigen Stelle erscheinen müssen, gleichzeitig ist den Mitgliedstaaten aber gem. Art. 13g Abs. 4 Buchst. c GesRRL gestattet, Notare und andere Personen oder Stellen mit der Bearbeitung von Onlinegründungen zu betrauen. Ziel der Regelungen ist es, die Gründung auf der Zeit- und Kostenschiene effizienter zu gestalten und gleichzeitig die Vorzüge der vorsorgenden Rechtspflege zu wahren, insbesondere die Zuverlässigkeit des Registerwesens.

II. Onlinegründung

1. Gesetzeswortlaut nach dem DiREG

2
Wer sich in der Gemengelage der aufgrund des DiRUG bereits verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen und durch das DiREG noch zu ändernden bzw. nach weiteren zwölf Monaten zu erweiternden Vorschriften ein klares Bild von den neuen Gegebenheiten verschaffen möchte, sollte sich zunächst einmal den beabsichtigen Gesetzesworlaut genau vor Augen führen. So soll die Norm des § 2 Abs. 3 GmbHG-DiREG über die Onlinegründung ab dem 1.8.2022 wie folgt lauten:

3
(3) Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags kann im Fall einer Gründung ohne Sacheinlagen auch mittels Videokommunikation gemäß den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes erfolgen. In diesem Fall genügen abweichend von Absatz 1 Satz 2 für die Unterzeichnung die qualifizierten elektronischen Signaturen der mittels Videokommunikation an der Beurkundung teilnehmenden Gesellschafter. Sonstige Willenserklärungen, welche nicht der notariellen Form bedürfen, können mittels Videokommunikation gemäß den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes beurkundet werden; sie müssen in die nach Satz 1 errichtete elektronische Niederschrift aufgenommen werden. Satz 3 ist auf einstimmig gefasste Beschlüsse entsprechend anzuwenden. 5Die Gründung mittels Videokommunikation kann auch im Wege des vereinfachten Verfahrens nach Absatz 1a oder unter Verwendung der in Anlage 2 bestimmten Musterprotokolle erfolgen. Bei Verwendung der in Anlage 2 bestimmten Musterprotokolle gilt Absatz 1a Satz 3 bis 5 entsprechend.

4
Zum 1.8.2023 soll § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG-DiREG sodann folgende Fassung erhalten: „Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags kann auch mittels Videokommunikation gemäß den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes erfolgen, sofern andere Formvorschriften nicht entgegenstehen.“ Das spätere Inkrafttreten dieser und einiger weiterer durch das DiREG zu schaffender Regelungen wird damit erklärt, dass diese einen erheblichen organisatorischen und technischen Aufwand erfordern.

2. Anwendungsbereich
5
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG n.F. kann die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags im Fall einer Gründung ohne Sacheinlagen auch mittels Videokommunikation erfolgen. Die Vorschrift wird zum 1.8.2023 erweitert und das Onlineverfahren auf Sachgründungen erstreckt, sofern andere Formvorschriften dem nicht entgegenstehen. In der Praxis ist es üblich, dass in die Gründungsurkunde weitere Abreden der Gesellschafter aufgenommen oder die notwendigen Gesellschafterbeschlüsse gefasst werden, wie insbesondere die Bestellung des ersten Geschäftsführers. Zu diesem Zweck wird in § 2 Abs. 3 Satz 2 GmbHG-DiREG bestimmt, dass auch sonstige Willenserklärungen mittels Videokommunikation beurkundet werden können, soweit sie nicht der notariellen Form bedürfen, und unter der Voraussetzung, dass sie in die elektronische Gründungsniederschrift aufgenommen werden; Entsprechendes soll gem. § 2 Abs. 3 Satz 3 GmbHG-DiREG für einstimmig gefasste Beschlüsse gelten. Die Onlinegründung steht neben natürlichen Personen auch Personengesellschaften und (inländischen wie ausländischen) juristischen Personen offen, ohne dass die Zahl der Gründer limitiert wäre.

a) Bargründungen
6
Das Onlineverfahren ist gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG n.F. bis zum 31.7.2023 richtlinienkonform auf Bargründungen beschränkt. Sacheinlagen sind auf Grundlage der Vorschrift angesichts der erhöhten Komplexität zunächst ausgeschlossen. Dies gilt auch für die gemischte Bar- und Sachgründung oder eine Mischeinlage.

b) Sachgründungen
7
Nach dem Regierungsentwurf zum DiREG soll die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 GmbHG n.F. mit Wirkung ab dem 1.8.2023 geändert und auch Sachgründungen sollen mittels Videobeurkundung ermöglicht werden unter der Voraussetzung, dass...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.05.2022 12:59
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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