Aktuell in der GmbHR

Die Betriebsaufspaltung in der Rechtsprechung – deutliche Risiken des Richterrechts (Roser, GmbHR 2022, 1020)

Der BFH hat mit seiner Entscheidung vom 16.9.2021 – IV R 7/18 die Grenzen der Betriebsaufspaltung neu gezogen und mit der Einschränkung des sog. „Durchgriffsverbots“ weitere Konstellationen in die steuerlichen Konsequenzen der Betriebsaufspaltung einbezogen. Die Änderung der Rechtsprechung ist Anlass, die Zulässigkeit eines derart belastenden Richterrechts zu hinterfragen und die möglichen Risiken der Neuorientierung aufzuzeigen. Da mögliche Besteuerungsfolgen erheblich sein können, ist die Frage von Gegenmaßnahmen und Übergangsregelungen zu untersuchen.


I. Anlass der Untersuchung

II. Ausgangslage

III. Steuerliche Bedeutung der Betriebsaufspaltung

IV. Bedeutung der Aufbaustruktur

V. Änderung des Richterrechts und Rückwirkungsschutz

VI. Folgerungen aus der Rechtsprechungsänderung „jedenfalls für Besitz-Personengesellschaften“

1. Umfang des Betriebsvermögens

2. Betriebsvermögen bei mittelbarer Beherrschung der Besitz-Personengesellschaft

3. Risiken durch Veränderungen

VII. Folgerungen der Rechtsprechungsänderung für Besitz-Kapitalgesellschaften

VIII. Zusammenfassung der Überlegungen


I. Anlass der Untersuchung

Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung unterliegt mangels einer gesetzlichen Kodifizierung als „Richterrecht“ dem ständigen Risiko eines Wandels der Rechtsgrundsätze oder Auslegungsfolgen. Die aktuelle Entscheidung des BFH vom 16.9.2021 macht dies besonders deutlich, da künftig zu einer grundlegenden Frage der Aufbaustruktur eine geänderte Auffassung zu beachten ist. Danach ist nunmehr auch eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft für die Begründung einer personellen Verflechtung zu berücksichtigen. Die Entscheidung führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und dem Ruf nach Vertrauensschutz- und Übergangsregelungen. Hierzu ist jedoch zunächst die Reichweite der Entscheidung auf Einkommens- und Vermögensebene der beteiligten Rechtsträger deutlich zu machen.

Im Entscheidungsfall hatte eine Besitz-KG eine Produktionshalle nebst Büro- und Nebenräumen an eine Betriebs-KG vermietet. Diese nutzte die überlassenen Immobilien mit der Qualifikation als wesentliche Betriebsgrundlage. Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich wie folgt dar (%-Angaben beziehen sich auf A, die Gesellschafter A, B und C waren Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers E und wurden auch als eine „Personengruppe“ qualifiziert):

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Streitig war das Bestehen einer Betriebsaufspaltung zwischen den beiden Personengesellschaften – insbesondere eine personelle Verflechtung sowie die daraus resultierenden Folgen für die Gewährung der erweiterten Kürzung der Mieteinnahmen bei der Besitz-KG. Nach dem IV. Senat des BFH ist nun – in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung – auch eine nur mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gehaltene Beteiligung an einer Besitz-Personengesellschaft für eine personelle Verflechtung zu berücksichtigen. Im Urteilsfall führte dies zu einer Betriebsaufspaltung und folglich zur Versagung der erweiterten Kürzung.

Nachfolgend wird die Entscheidung in die bisherigen Entwicklungslinien des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung eingeordnet und ihre steuerlichen Implikationen und Risiken für bestehende entsprechende Konstellationen herausgearbeitet.

II. Ausgangslage

Das Interesse eines Unternehmers, seine Vermögenswerte vor den (Insolvenz-) Risiken des Betriebs zu schützen, führt zuweilen zu der rechtlichen Trennung von Besitz und Betrieb. 2 Hierzu wird in der Praxis (...)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.09.2022 10:20
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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