Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 42)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

BGH 23.6.2022, IX ZR 75/21
Zum Schutz des Vertrauens des Anfechtungsgegners auf Umsetzung eines schlüssigen Sanierungskonzepts

1. Erhält der Gläubiger Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts, genügt es zur Widerlegung der Vermutung der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners, wenn der Anfechtungsgegner konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm dieser im Hinblick auf den Sanierungsversuch unbekannt geblieben ist.

2. Der Anfechtungsgegner darf grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners oder des von ihm beauftragten Sanierungsberaters zum Sanierungskonzept vertrauen. Er ist nicht verpflichtet, die laufende Umsetzung des Konzepts zu überprüfen. Der Vertrauensschutz entfällt nur, wenn er erhebliche Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass das Sanierungskonzept keine Aussicht auf Erfolg hat oder gescheitert ist.
(alle amtl.)

 

OLG Stuttgart 22.2.2022, 12 U 171/21
Haftung der Abschlussprüfer bei vorsätzlichen Bilanzfälschungen

Die Kausalität der Pflichtverletzung eines Abschlussprüfers in Gestalt einer unzureichenden Prüfung für einen Schaden der Gesellschaft entfällt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Gesellschaft, die in betrügerischer Weise ein sog. Schneeballsystem betreibt, im Falle der gebotenen Nachfragen des Abschlussprüfers alle geforderten Unterlagen durch Fälschung erstellt und dem Abschlussprüfer vorgelegt hätte. Einer betrügerisch handelnden Gesellschaft steht gegen ihren Abschlussprüfer ein Schadensersatzanspruch wegen pflichtwidriger Erteilung eines Testats dann nicht zu, wenn dem vorsätzlichen Handeln des Gesellschaftergeschäftsführers eine allenfalls fahrlässige Pflichtverletzung des Abschlussprüfers gegenübersteht.
(amtl.)

 

EuGH 8.9.2021, C-98/21
Zum Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding

Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit deren Art. 167 ist dahin auszulegen, dass einer Holdinggesellschaft, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Vorsteuerabzug für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, nicht zusteht, wenn erstens die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holdinggesellschaft, sondern mit den weitgehend steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, zweitens diese Eingangsleistungen in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und drittens diese Leistungen nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft gehören.
(amtl.)

 

BFH 8.12.2021, I R 24/19
Knock-out-Zertifikate keine Termingeschäfte i.S.v. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG; Abziehbarkeit von Gebühren für eine verbindliche Auskunft nach § 10 Nr. 2 Halbs. 2 KStG

1. Der Begriff des „Termingeschäfts“ i.S.v. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG ist im Grundsatz nach wertpapier- und bankenrechtlichen Maßgaben zu bestimmen und vom Kassageschäft abzugrenzen. Das Ausmaß der spezifischen Gefährlichkeit eines konkreten Geschäfts spielt weder für die Qualifizierung als Termingeschäft noch als Kassageschäft eine Rolle (Fortentwicklung des Senatsurteils BFH v. 21.2.2018 – I R 60/16, BFHE 261, 35 = BStBl. II 2018, 637 = FR 2019, 573). Knock-out-Produkte in Form von Zertifikaten (hier: Unlimited TurboBull Zertifikate) unterfallen als Kassageschäfte nicht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.

2. Die Gebühren für eine verbindliche Auskunft unterfallen als „Kosten“ dem Abzugsverbot nach § 10 Nr. 2 Halbs. 2 KStG, wenn diese – abstrakt betrachtet – auf eine der in § 10 Nr. 2 Halbs. 1 KStG genannten Steuern entfallen. Einer darüber hinausgehenden Akzessorietät, wonach die verbindliche Auskunft auf eine bestimmte, festgesetzte und nicht abziehbare Steuer entfällt, bedarf es nicht.
(alle amtl.)

 

 

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.10.2022 09:19
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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