Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 46)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Brandenburg 18.5.2022, 7 U 89/21
Stimmverbot bei Beschluss der GmbH-Gesellschafterversammlung über Sonderprüfung

1. Die Gesellschafterversammlung kann nach § 46 Nr. 6 GmbHG eine Sonderprüfung beschließen, sofern deren Anlass auf konkrete Tatsachen gestützt wird.

2. In analoger Anwendung von § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG hat ein Gesellschafter/Geschäftsführer bei der Abstimmung über die Durchführung einer Sonderprüfung kein Stimmrecht, wenn diese mit dem Ziel durchgeführt werden soll, gegen ihn Ersatzansprüche zu untersuchen.

3. Wird ein Beschluss auf Durchführung einer Sonderprüfung dennoch verabschiedet, dann kann der Mitgesellschafter diesen anfechten und gleichzeitig Feststellungsklage erheben, dass dieser Beschluss nicht wirksam zustande gekommen ist. Sie ist in derselben Frist wie die Anfechtungsklage zu erheben; die von der Feststellung betroffenen Gesellschafter sind zu beteiligen und ihnen ist rechtliches Gehör zu gewähren.

4. Eine solche Klage wird nicht unzulässig, wenn die Gesellschaft gekündigt worden ist. Denn der hierdurch eingeleitete Auflösungsprozess berührt nicht das Interesse der Gesellschaft, ob ihr Schadensersatzansprüche gegen einen pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer zustehen.
(alle nicht amtl.)

 

OLG München 6.4.2022, 7 U 9421/21
Sittenwidrigkeit der Veräußerung von GmbH-Anteilen bei kollusivem Zusammenwirken der Vertragsparteien

1. Im Fall des kollusiven Zusammenwirkens der Geschäftsführer von Erwerberin und Veräußererin bei der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen ist sowohl der Verkauf als auch die Abtretung der Geschäftsanteile sittenwidrig und damit gem. § 138 BGB nichtig. In diesem Fall besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für einen auf Rückübertragung der Geschäftsanteile gerichteten Antrag. Hingegen ist ein Antrag auf Zustimmung zur Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste statthaft.

2. Das Erreichen eines Abstimmungsverbots mit Mitteln der einstweiligen Verfügung ist ausnahmsweise statthaft, wenn infolge einer kollusiven Veräußerung von Geschäftsanteilen der Erwerber sich als Alleingesellschafter der GmbH geriert und der wahre Gesellschafter nicht die Möglichkeit hat, von etwaigen Beschlussfassungen Kenntnis zu erlangen, so dass die Beseitigung der Rechtsfolgen solcher Beschlüsse mittels nachträglichen Rechtsschutzes nicht gewährleistet ist.
(alle nicht amtl.)

 

BFH 17.5.2022, VII R 2/19
Grenzüberschreitende Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen; Verhältnis Zollwert und Verrechnungspreise

1. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom 20.12.2017 – C-529/16, E-CLI:EU:C:2017:984, ZfZ 2018, 68) lassen es die Art. 28 bis 31 ZK nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.

2. Dies gilt auch für die Wertermittlung nach der Schlussmethode gem. Art. 31 ZK. Denn steht im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall ist, die Berichtigung nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann ist ein demzufolge erst noch zu ermittelnder Warenwert im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht i.S.v. Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 quantifizierbar.
(alle amtl.)

 

BFH 30.6.2022, V R 25/21
Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz

Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt Saarbrücken v. 20.1.2021 – C-288/19, ECLI:EU:C:2021:32).
(amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.11.2022 11:25
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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