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Die größte Reform des Umwandlungsrechts: Endlich in Kraft! (Heckschen/Knaier, GmbHR 2023, 317)

Die mit dem UmRUG verbundene größte Reform des Umwandlungsrechts ist seit Monaten in aller Munde. Auf der Zielgeraden hatte das Gesetzgebungsvorhaben zuletzt mit einigen überraschenden Stolpersteinen zu kämpfen, bis es nun endlich am 1.3.2023 in Kraft treten konnte. Der Beitrag skizziert zunächst die Entwicklung und wesentlichen Ziele der insgesamt gelungenen Reform (I.), bevor ein Blick auf die Grundprinzipien der neuen Regularien geworfen wird (II.). Für die Praxis sind bereits ab sofort teilweise weitreichende Änderungen des nationalen Umwandlungsrechts zu beachten (III.). Das Herzstück der Reform, welches sich in der Praxis jedoch erst noch bewähren muss, sind schließlich die Verfahren zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, Spaltung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel (IV.).

I. Der lange Weg zum UmRUG
II. Die Grundprinzipien des neuen Umwandlungsrechts

1. Einbezogene Rechtsträger
2. Gesamtrechtsnachfolge und Identitätswahrung bei Grenzübertritt
3. Gläubigerschutz
4. Minderheitenschutz
5. Arbeitnehmerschutz
6. Missbrauchsprüfung
7. Verzug der Richtlinienumsetzung und Übergangsregelung
III. Die wesentlichen Änderungen im nationalen Recht
IV. Die grenzüberschreitenden Umwandlungsverfahren

1. Vorverfahren
a) Plan für die grenzüberschreitende Verschmelzung, Spaltung oder den Formwechsel
b) Verschmelzungs‑, Spaltungs- und Formwechselbericht
c) Prüfung durch unabhängigen Sachverständigen
d) Bekanntmachung
2. Beschlussphase
3. Vollzugsphase
V. Fazit: Das deutsche Umwandlungsrecht auf dem Weg in die Zukunft


I. Der lange Weg zum UmRUG

1
Der Startschuss für die nun (vorläufig) vollendete größte Reform des Umwandlungsrechts erfolgte bereits am 25.4.2018 mit dem sog. Company Law Package der Europäischen Kommission. Dieses beinhaltete einen umfangreichen Vorschlag zur Novellierung der Regeln über grenzüberschreitende Verschmelzungen sowie zur erstmaligen Kodifizierung grenzüberschreitender Spaltungen und Formwechsel. Regelungstechnisch wurden zwei Änderungsrichtlinien zur Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Gesellschaftsrechts-RL) vorgelegt. Die erste der beiden Änderungsrichtlinien betrifft den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht. Die Digitalisierungsrichtlinie wurde in Deutschland durch das am 1.8.2022 in Kraft getretene DiRUG umgesetzt. Die zweite Richtlinie sollte die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften im Binnenmarkt durch grenzüberschreitende Sitzverlegung, Verschmelzung und Spaltung fördern.

2
Das Company Law Package durchlief innerhalb von lediglich etwas mehr als zwölf Monaten das ordentliche Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV. Bereits am 7.8.2018 hatte die Parlamentsabgeordnete Evelyn Regner einen Entwurf für Änderungen präsentiert, die das Europäische Parlament am Vorschlag für grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen vornehmen sollte. Hierauf basiert der Bericht des Rechtsausschusses vom 6.12.2018. Das Parlament hatte seine finalen Änderungsvorschläge am 9.1.2019 vorgelegt und am 30.1.2019 das Trilogmandat erteilt. Am 25.1.2019 legte der Rat seine Änderungsvorschläge hierzu vor. Zwischen Rat und Rechtsausschuss (JURI) konnte am 1.4.2019 ein Einigungstext erarbeitet werden. Den Einigungsvorschlag billigte das Europäische Parlament am 18.4.2019 in erster Lesung. Der Rat erteilte hierzu seine Zustimmung am 2.5.2019. Am 1.1.2020 trat die Richtlinie über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (Umwandlungsrichtlinie) in Kraft.

3
Ab diesem Zeitpunkt lief die Zeit für die Umsetzung, welche durch die Mitgliedstaaten bis zum 31.1.2023 geschehen sollte. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hatte daher schon 2019 eine Expertenkommission bestehend aus Mitgliedern aus Wissenschaft und Praxis eingesetzt, die die Richtlinienumsetzung durch das sog. „Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG)“ vorbereiten sollte. Das Ergebnis dieser Arbeiten wurde am 20.4.2022 vom BMJ mit einem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umwandlungsrichtlinie (UmRUG-RefE) veröffentlicht. Gleichzeitig wurde durch das BMAS ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (RefE-UmRUGMitbest) veröffentlicht. Die beiden Referentenentwürfe wurden im Vorfeld miteinander abgestimmt.

4
Am 6.7.2022 folgte der Regierungsentwurf des UmRUG. Dieser wich insgesamt nur geringfügig von den Regelungen des UmRUG-RefE ab. Die wesentlichen Änderungen betrafen insbesondere die Erstreckung von Anfechtungsbeschränkungen auf den Kapitalerhöhungsbeschluss, ergänzte Arbeitnehmerrechte zu Verschmelzungsplan und Verschmelzungsbericht, die Durchsetzung des Gläubigerschutzes außerhalb des registergerichtlichen Verfahrens und die registergerichtliche Missbrauchskontrolle nur bei Anhaltspunkten. Am 6.7.2022 wurde zudem ein Regierungsentwurf für die Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (UmRUGMitbest-RegE) veröffentlicht.

5
In seiner Sitzung vom 16.9.2022 hatte sich der Bundesrat mit dem Regierungsentwurf zum UmRUG befasst und geringfügige Änderungen vorgeschlagen. Am 5.10.2022 hat die Bundesregierung ihre Gegenäußerung beschlossen und die Vorschläge und Forderungen des Bundesrats zurückgewiesen.

6
In der 28. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 7.11.2022 nahmen die Sachverständigen Dr. Hilke Herchen, Prof. Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley), Prof. Dr. Christoph Teichmann, Rainald Thannisch, Dr. Oliver Vossius, Prof. Dr. Hartmut Wicke, LL.M., Roland Wolf und Dr. Jonas Zäh in öffentlicher Anhörung zu der Richtlinienumsetzung und Einzelaspekten von UmRUG, MgVG und MgFSG Stellung. Danach wurden noch geringfügige Änderungen, insbesondere hinsichtlich der Missbrauchskontrolle und des Gläubigerschutzes in das UmRUG eingeführt.

7
Am 15.12.2022 hätte das Gesetz sodann vom Bundestag verabschiedet werden sollen. Nach einer kurzen Debatte wurde das Gesetz jedoch nicht verabschiedet, sondern gem. § 82 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundestags einstimmig an den federführenden Rechtsausschuss zurücküberwiesen und die Abstimmung wurde abgesetzt. Offiziell hieß es hierzu, dass der zuständige Ausschuss des Bundesrats der Fristverkürzungsbitte des Bundestags nicht zugestimmt hatte und das Gesetz daher nicht vor Februar 2023 im Bundesrat beraten werden kann. Der Bundestag hat das UmRUG letztlich am 20.1.2023 angenommen und der Bundesrat legte hiergegen am 10.2.2023 keinen Einspruch ein, so dass das Gesetz am 22.2.2023 ausgefertigt und am 28.2.2023 verkündet werden konnte. Seit dem 1.3.2023 ist das UmRUG in Kraft.

II. Die Grundprinzipien des neuen Umwandlungsrechts
8
Das UmRUG enthält eine Reihe komplexer Sonderregelungen, jedoch wohnen ihm auch einige Grundprinzipien inne, die für alle der reformierten und neu eingeführten grenzüberschreitenden Verfahren gelten.

9
Neben den konkreten Verfahren zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, Spaltung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel gibt es einige Grundsätze, die für sämtliche...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.03.2023 11:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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