Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 30)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG München 22.3.2023, 7 U 723/22
Kündigung des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund

1. Ein wichtiger Grund hinsichtlich der Geschäftsführerstellung ist anzunehmen, wenn der kündigenden Gesellschaft eine weitere organschaftliche Vertretung nicht mehr zumutbar war. Dabei ist nicht nur zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden, vielmehr müssen bei der zusätzlich erforderlichen Interessenabwägung alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles daraufhin abgewogen werden, ob es dem Kündigenden unzumutbar ist, das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung fortzusetzen.

2. Überweist ein Geschäftsführer ohne zuvor die dafür nach der Geschäftsordnung erforderliche Zustimmung des Mitgeschäftsführers erholt zu haben, einen hohen Geldbetrag auf sein Privatkonto, kann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses vorliegen.
(alle nicht amtl.)

 

BGH 9.2.2023, III ZR 125/20
Prospekthaftung bei unrichtigem Ausweis wertloser Forderungen gegen Tochtergesellschaften

1. Prospektverantwortliche haften nach § 826 BGB, sofern sie Anlageinteressenten mittels eines unvollständigen oder fehlerhaften Prospekts zum Abschluss eines Vertrages veranlassen, den die Interessenten andernfalls nicht abgeschlossen hätten, sofern ihr Verhalten sittenwidrig, weil verwerflich ist, und sie mit Schädigungsvorsatz gehandelt haben.

2. Eine Haftung nach § 826 BGB kommt in Betracht, wenn wertlose Forderungen gegen Tochtergesellschaften wider besseres Wissen von den Prospektverantwortlichen in der Bilanz der Anlagegesellschaft als werthaltig ausgewiesen werden.
(alle nicht amtl.)

 

VGH Hessen 24.1.2023, 6 B 1335/22
Pflicht eines Aktienemittenten zur Veröffentlichung einer Stimmrechtsmitteilung

1. Die Vorschrift des § 40 WpHG schreibt einem Emittenten die unverzügliche Veröffentlichung einer ihm zugegangenen Stimmrechtsmitteilung nach § 33 WpHG ohne Rücksicht auf deren Richtigkeit oder einen Nachweis für das Bestehen der mitgeteilten Beteiligung vor. Im Interesse der Transparenz von Beteiligungsstrukturen und des Anlegerschutzes räumt der Gesetzgeber der raschen Information der Marktteilnehmer den Vorrang vor der Klärung von Streitpunkten zwischen dem Emittenten und dem Meldepflichtigen ein.

2. Nachweispflichtig für das Bestehen der mitgeteilten Beteiligung gegenüber dem Emittenten i.S.d. § 42 WpHG bleibt auch im Falle einer Stimmrechtsmitteilung durch die BaFin im Wege der Selbstvornahme nach § 6 Abs. 14 WpHG der meldepflichtige Aktionär; die Aufsichtsbehörde trifft keine Nachweispflicht.
(alle amtl.)

 

BFH 19.1.2023, IV R 5/19
Keine Identität zwischen einer Erbengemeinschaft und einer aus den Miterben gebildeten GbR

1. Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind eine Erbengemeinschaft und eine aus den Miterben gebildete GbR als jeweils selbstständige Feststellungssubjekte zu behandeln. Bestehen beide Feststellungssubjekte fort, ist für jedes ein eigenständiges Feststellungsverfahren durchzuführen.

2. Ein identitätswahrender Formwechsel einer Erbengemeinschaft in eine GbR ist nach dem UmwG nicht möglich.

3. Der Grundsatz, dass eine Erbengemeinschaft nebeneinander Gewinn- und Überschusseinkünfte erzielen kann, gilt nicht mehr, wenn diese in eine GbR als „andere Personengesellschaft“ i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG überführt wird.
(alle amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.07.2023 11:47
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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