Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 31)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG München 22.3.2023, 7 U 1995/21
Gesellschafterversammlung – Anforderungen an die Wahl des Versammlungsorts

1. Die Regelung des § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG (analog) bezweckt, die Gesellschafter vor einer willkürlichen Wahl des Versammlungsorts und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahmerechts zu schützen. Dieser Gesetzeszweck ist bestimmend für die Frage, wann und in welchem Maß das Einberufungsorgan von der Sollvorschrift des § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG abweichen darf.

2. Von der Sollbestimmung darf abgewichen werden, wenn am Sitz der Gesellschaft kein geeignetes Versammlungslokal vorhanden ist oder die Verkehrsverbindung dorthin gestört ist. Zumindest in einer Gesellschaft mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis darf ein Ort gewählt werden, von dem von vornherein feststeht, dass er die Teilnahme nicht erschwert, weil ihn die Gesellschafter leichter als den Sitz der Gesellschaft erreichen können.

3. Ein Bedürfnis für eine Versammlung in Präsenz an einem satzungsfremden Ort besteht nicht, da der Gesetzgeber mit § 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID 19-Pandemie vom 27.3.2020, in Kraft getreten am Folgetag, sowohl zum Zeitpunkt der Einberufung der Gesellschafterversammlung als auch im Zeitpunkt der Durchführung der Gesellschafterversammlung im Hinblick auf die Pandemielage eine Regelung getroffen hatte, wie Gesellschafterbeschlüsse bei GmbHs trotz der getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung gefasst werden können.
(alle amtl.)

 

OLG Düsseldorf 21.6.2023, 3 Wx 83/23
Gerichtliche Bestimmung des Hauptversammlungsleiters zu Tagesordnungspunkten, die besonderen Vertreter zum Gegenstand haben

1. Ein Versammlungsleiter kann in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG auch ohne den Erlass einer Ermächtigungsanordnung nach § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG dann bestimmt werden, wenn belastbare Anhaltspunkte die dringende Annahme nahelegen, dass der satzungsmäßig berufene Versammlungsleiter die Hauptverhandlung nicht dem Gesetz entsprechend, unvoreingenommen und unparteiisch leiten wird.

2. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kann es geboten sein, dem gerichtlich bestimmten Versammlungsleiter nur die Durchführung einzelner Tagesordnungspunkte zu übertragen.
(alle amtl.)

 

OLG Brandenburg 23.2.2023, 12 U 100/22
Schadensersatzpflicht wegen Entwertung von Genussrechten

Eine Gesellschaft, die Genussrechte ausgegeben hat, macht sich schadensersatzpflichtig, wenn sie den Wert der Genussrechte ohne jede Begründung im Wege der Verschmelzung mit einer anderen Gesellschaft weitgehend vernichtet und den Genusscheininhabern für die Genussrechte keine gleichwertigen Anteile an der neuen Gesellschaft gewährt.
(nicht amtl.)

 

FG Sachsen-Anhalt 15.11.2022, 3 V 597/22
Zur Beurteilung eines gleichgebliebenen Geschäftsbetriebs bei § 8d KStG

1. Nach § 8d Abs. 1 Satz 1 KStG muss der Geschäftsbetrieb einer Körperschaft (höchstens) seit ihrer „Gründung“ derselbe sein. Hierfür ist auf den formgültigen Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags abzustellen.

2. Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes hat für die Frage, ob sich der Geschäftsbetrieb in für § 8d KStG schädlicher Weise verändert hat, allenfalls indizielle Bedeutung.

3. Ob eine Körperschaft in der Vergangenheit ausschließlich „denselben“ Geschäftsbetrieb i.S.d. § 8d KStG unterhalten hat, ist zeitraumübergreifend zu beurteilen. Eine organische bzw. strukturelle Weiterentwicklung ist unschädlich.
(alle nicht amtl.)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.08.2023 08:13
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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