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Auf- und Feststellung von Unternehmens- und Rechnungsabschlüssen im neuen Personengesellschaftsrecht (Mock, GmbHR 2023, 1066)

Mit dem MoPeG hat der Gesetzgeber die Regelungen zur Auf- und Feststellung von Jahresabschlüssen für die Personengesellschaften (§§ 120-121 HGB) umfassend reformiert. Diese Neuregelungen sind jedoch teilweise lückenhaft und stehen in einem Spannungsverhältnis zum Anspruch des Gesellschafters auf Auszahlung des Gewinns. Der nachfolgende Beitrag geht auf diese Fragen ein.

I. Einleitung
II. Aufstellung des Jahresabschlusses

1. (Fehlende) Alternative Regelungsmodelle und Rechtsnatur
2. Zuständigkeit, Inhalt, Rechtsfolgen
3. Keine Trennung von Ergebnisermittlung und Gewinnverwendung!?
a) Notwendige Berücksichtigung der Gewinnverwendung bei der Aufstel
lung (Vollausschüttungsgebot)
b) Praktische Handhabung des Vollausschüttungsgebots
aa) Phasenverschobene Bilanzierung
bb) Ausweis des (noch nicht entstandenen) Auszahlungsanspruchs als Verbindlichkeit der Gesellschaft
cc) Bildung einer Rückstellung
dd) Keine Analogie zu § 268 Abs. 1 HGB
c) Behandlung und (bilanzielle) Gefahren nicht geltend gemachter Auszahlungsansprüche
d) Regelungsmöglichkeiten im Gesellschaftsvertrag
aa) (Fort-)Führung des Zwei-Konten-Modells
bb) Erfordernis eines Ergebnisverwendungsbeschlusses statt Vollausschüttung
cc) Ergebnisverwendungsbeschlussfassung bei fehlender Regelung im Gesellschaftsvertrag
III. Feststellung des Jahresabschlusses
1. (Fehlende) Alternative Regelungsmodelle
2. Rechtsnatur und Wirkung der Feststellung
3. Inhaltliche Anforderungen
4. Fehlende Feststellung
IV. Fehlerhafte Jahresabschlüsse
1. Abstecken des maßgeblichen Rechtsrahmens
2. (Inhaltlich) Fehlerhafter Jahresabschluss
3. Fehlerhafte Feststellung
V. Aufstellung und Billigung von Konzernabschlüssen
VI. Rechnungsabschluss bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

1. Rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts
a) Inhalt des Rechnungsabschlusses und Zuständigkeit für die Erstellung
b) Feststellung und Entstehung des Auszahlungsanspruchs
c) Fehlerhafte Rechnungsabschlüsse
2. Nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts
3. Stille Gesellschaft
VII. Fazit


I. Einleitung

1
Im Rahmen der Reform des Personengesellschaftsrechts durch das MoPeG hat sich der Gesetzgeber auch der Frage der Auf- und Feststellung von Jahresabschlüssen angenommen und mit den §§ 120-121 HGB einen – jedenfalls für die Personenhandelsgesellschaften – völlig neuen Rechtsrahmen geschaffen und sich von dem seit dem ADHGB inhaltlich weitgehend unveränderten Regelungsmodell verabschiedet. Für das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kam es hingegen durch das MoPeG kaum zu Veränderungen. Dieser – jedenfalls für die Personenhandelsgesellschaften – neue, im Wesentlichen an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehnte Regelungsrahmen hält eine Reihe von Fallstricken parat, auf die in dem folgenden Beitrag eingegangen werden soll.

II. Aufstellung des Jahresabschlusses
2
Für die Aufstellung des Jahresabschlusses hat der Gesetzgeber des MoPeG mit § 120 HGB eine vermeintlich klare Regelung geschaffen, die dem geschäftsführenden Gesellschafter die Aufgabe der Aufstellung des Jahresabschlusses zuweist.

1. (Fehlende) Alternative Regelungsmodelle und Rechtsnatur
3
Auch wenn diese Regelung neu ist und im bisherigen Recht keine Entsprechung findet, ist sie letztlich (nahezu) alternativlos. § 120 Abs. 1 HGB a.F. sah eine entsprechende Pflicht nur mittelbar vor. Nach § 120 Abs. 1 HGB a.F. musste der Gewinn oder Verlust bzw. der auf jeden Gesellschafter entfallenden Anteil ermittelt werden, ohne dass diese Aufgabe dem geschäftsführenden Gesellschafter dem Wortlaut nach klar zugewiesen war. Zudem nahm § 120 Abs. 1 HGB a.F. nur auf die Bilanz und gerade nicht auf den Jahresabschluss insgesamt Bezug; die nach § 242 Abs. 2 HGB ebenfalls aufzustellende Gewinn- und Verlustrechnung wurde gleichwohl unter § 120 Abs. 1 HGB a.F. subsumiert. Diese Aspekte werden durch § 120 Abs. 1 HGB nunmehr ausdrücklich adressiert, ohne dass damit aber eine Änderung der Rechtslage verbunden ist; § 120 Abs. 1 HGB hat somit klarstellende Wirkung. Einzig denkbare (gesetzgeberische) Alternative der Gestaltung von § 120 Abs. 1 HGB wäre die Zuweisung der Aufstellungspflicht an einen Dritten (wie etwa dem Steuerberater) gewesen, was aber eine dem Verbandsrecht fremde Einbeziehung von Nichtgesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft dargestellt hätte. Vor dem Hintergrund dieser durch das MoPeG nicht veränderten Rechtslage erscheint die in den Gesetzgebungsmaterialien angegebene Einführung einer gesellschaftsrechtlichen Rechnungslegungspflicht etwas euphemistisch. Zudem kann man durchaus darüber streiten, ob es die in den Gesetzgebungsmaterialien erwähnte öffentlich-rechtliche Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses überhaupt jemals gab bzw. noch gibt. Bei den Personenhandelsgesellschaften – mit Ausnahme der kapitalistischen Personenhandelsgesellschaften (§ 264a HGB) und den unter das PublG fallen Personenhandelsgesellschaften – kommt dem Jahresabschluss allein im Verhältnis der Gesellschafter untereinander Bedeutung zu; eine allgemeine Publizität oder Prüfung durch das Handelsregister findet gerade nicht statt. Insofern ist nicht klar, worin der öffentlich-rechtliche Charakter dieser Pflicht liegen soll, sofern man nicht die durch den Jahresabschluss vermittelte Selbstinformation als öffentliches Gut oder Aufgabe betrachtet will. Im Ergebnis regelt § 120 Abs. 1 HGB etwas, was sich ohne weiteres auch schon aus § 242 HGB bzw. dem Gesellschaftsvertrag ergibt.

2. Zuständigkeit, Inhalt, Rechtsfolgen
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Die nach § 120 Abs. 1 Satz 1 HGB bestehende Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses trifft den geschäftsführenden Gesellschafter, ohne dass es sich dabei um eine höchstpersönliche Pflicht handelt; daher kann der geschäftsführende Gesellschafter diese Aufgabe auch auf Mitarbeiter oder Dritte delegieren, ohne dass damit eine Entäußerung der Verantwortung einhergeht. Die Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses besteht zudem ausweislich des klaren Wortlauts von § 120 Abs. 1 Satz 1 HGB gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den Gesellschaftern, so dass eine Durchsetzung für die nicht geschäftsführenden Gesellschafter nur über die Gesellschafterklage (§§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, § 715b BGB) in Betracht kommt. Inhaltlich ist die Pflicht auf die Erstellung eines vollständigen und – wegen Beachtung des geltenden Bilanzrechts und der Vorgaben des Gesellschaftsrechts – feststellungsfähigen Entwurfs des Jahresabschlusses gerichtet. Die Aufstellung des Jahresabschlusses macht diesen feststellungsfähig und führt zu einer Erfüllung der Pflicht nach § 120 Abs. 1 Satz 1 HGB; eine rechtliche Prüfung des aufgestellten Jahresabschlusses ist nicht vorgesehen, kann aber mittelbar im Rahmen der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, Klagen auf Entzug der Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnis (§§ 116 Abs. 5, 124 Abs. 5 HGB) oder einer Ausschließungsklage (§ 134 HGB) erfolgen. Eine inhaltliche Prüfung des Jahresabschlusses im Rahmen einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) ist nicht möglich, da es einer solchen an einem Feststellungsinteresse fehlt; statthafte Klageart ist insofern die gegen den Feststellungsbeschluss gerichtete Anfechtungsklage (s. dazu IV., Rz. 27).

3. Keine Trennung von Ergebnisermittlung und Gewinnverwendung!?
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Auch wenn der Gesetzgeber des MoPeG sich bei den §§ 120-121 HGB insgesamt am Regelungsmodell des Kapitalgesellschaftsrecht orientiert hat, ergibt sich für die Personenhandelsgesellschaften eine entscheidende Abweichung. Dies betrifft die im Kapitalgesellschaftsrecht vorzufindende klare Trennung von Ergebnisermittlung und Gewinnverwendung, die dort ihren Niederschlag im Erfordernis eines Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 29 GmbHG, § 58 AktG) gefunden hat.

a) Notwendige Berücksichtigung der Gewinnverwendung bei der Aufstellung (Vollausschüttungsgebot)
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Für das Personenhandelsgesellschaftsrecht gibt es dieses Erfordernis nicht, solange der Gesellschaftsvertrag dieses nicht vorsieht (zur Empfehlung der Regelung der Ergebnisverwendung im Gesellschaftsvertrag s. II.3.d], Rz. 13 ff.). Daher ist es die Aufgabe des geschäftsführenden Gesellschafters die Gewinn- und Verlustbeteiligung der Gesellschafter bereits bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu berücksichtigen. Zwar ordnet § 120 Abs. 1 Satz 2 HGB lediglich an, dass der Anteil am Gewinn oder Verlust zu ermitteln ist; allerdings muss diese Ermittlung in den Jahresabschluss einfließen, da...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.10.2023 09:38
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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