BGH v. 19.9.2023 - II ZB 15/22

Zur Eintragung einer Vereinigung zweier Sparkassen im Handelsregister

Eine nach landesrechtlichen Vorschriften erfolgte Vereinigung von Sparkassen (hier: nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SpkG M-V) ist analog §§ 33, 34 Abs. 1 HGB in das Handelsregister sowohl der aufgenommenen als auch der aufnehmenden Sparkasse einzutragen.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine gem. § 1 Abs. 1 des Sparkassengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.7.1994, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 14.7.2016, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Antragstellerin wurde auf Grundlage von § 28 Abs. 1 Nr. 2 SpkG M-V zum 1.1.2021 mit der benachbarten Sparkasse P. vereinigt, indem die Sparkasse P. von der Antragstellerin aufgenommen wurde und deren Vermögen als Ganzes auf diese überging. Die Antragstellerin beantragte sinngemäß, im Handelsregister die Vereinigung der beiden Sparkassen durch Aufnahme unter Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge durch Übernahme des Vermögens der Sparkasse P. als Ganzem einzutragen.

Das AG - Registergericht - gab der Antragstellerin durch "Zwischenverfügung" auf, die Anmeldung zurückzunehmen. Der dagegen gerichteten Beschwerde hat es nicht abgeholfen. Das OLG wies die Beschwerde zurück. Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin hob der BGH die Entscheidungen von Ag und OLG auf und gab die Sache an das AG zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurück.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die angefochtene Zwischenverfügung liegen nicht vor und sie auch keinen zulässigen Inhalt. Daher durfte das Registergericht nicht durch Zwischenverfügung entscheiden. Der Beschluss des OLG war aufzuheben. Da die Sache hinsichtlich der Zwischenverfügung zur Endentscheidung reif ist, konnte der Senat die Zwischenverfügung des Registergerichts aufheben. Die Sache war an das Registergericht zur Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückzugeben. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der Eintragungsantrag kann nicht aus den von Register- und Beschwerdegericht angeführten Gründen zurückgewiesen werden.

Gesetzliche Vorschriften regeln die Eintragung einer Vereinigung von Sparkassen nicht ausdrücklich. Das SpkG M-V enthält keine Regelung zur Eintragung der Vereinigung von Sparkassen ins Handelsregister. Die Eintragung kann auch nicht auf § 16 Abs. 1 UmwG gestützt werden, weil die an der Vereinigung beteiligten Sparkassen als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 SpkG M-V) nicht zu den verschmelzungsfähigen Rechtsträgern nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 UmwG gehören. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin führt die Vereinigung ferner nicht zu einem eintragungspflichtigen Inhaberwechsel i.S.v. § 31 Abs. 1 Var. 2 HGB, weil die Antragstellerin ihren Namen behalten hat. Eine Eintragungspflicht ergibt sich schließlich auch nicht unmittelbar aus §§ 33, 34 Abs. 1 HGB, weil mit der Vereinigung der beiden Sparkassen weder eine Satzungsänderung, Auflösung oder Änderung von nach § 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGB einzutragenden Tatsachen zur Eintragung ins Handelsregister der Antragstellerin angemeldet worden ist.

Eine nach landesrechtlichen Vorschriften erfolgte Vereinigung von Sparkassen ist aber analog §§ 33, 34 Abs. 1 HGB in das Handelsregister der aufgenommenen und der aufnehmenden Sparkasse einzutragen. Eine planwidrige Regelungslücke ist gegeben. Mit Aufhebung des früheren § 36 HGB durch Art. 3 Handelsrechtsreformgesetz (HRefG) vom 22.6.1998 sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, deren Eintragung in das Handelsregister mit Rücksicht auf den Gegenstand oder auf die Art und den Umfang ihres Gewerbebetriebes zu erfolgen hat, nach § 33 Abs. 1 Satz 1 HGB im Handelsregister ebenso anzumelden, wie nach § 34 Abs. 1 HGB bei ihnen eintretende Änderungen. Die gewerblich tätige öffentliche Hand soll grundsätzlich denselben handelsrechtlichen Pflichten unterliegen wie jedes andere Rechtssubjekt. Ihre Eintragung in das Handelsregister dient dem Bedürfnis des Geschäftsverkehrs, sich über die Rechts- und Vertretungsverhältnisse von Unternehmen der öffentlichen Hand wie bei jedem anderen kaufmännischen Betrieb schnell und einfach zu informieren.

Durch die Publizität des Handelsregisters sind die Rechtsverhältnisse in Bezug auf diese Unternehmen für den Rechtsverkehr einfacher und deutlicher erkennbar als durch Studium der einschlägigen Gesetzes- und Amtsblätter. Ihre Eintragung dient auch dazu, das Handelsregister zu dem zentralen und einheitlichen Publizitäts- und Informationsinstrument auszubauen, das über alle kaufmännischen Betriebe und ihre vertretungsbefugten Organe und Personen unabhängig von ihrer jeweiligen Organisationsform Auskunft gibt. Vor dem Hintergrund dieses mit der Aufhebung des § 36 HGB a.F. verfolgten gesetzgeberischen Zwecks sind die Regelungen in §§ 33, 34 Abs. 1 HGB in Bezug auf die Eintragung der Vereinigung von als Anstalten des öffentlichen Rechts betriebenen Sparkassen planwidrig lückenhaft.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | HGB
§ 33 Juristische Person
Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 6. Aufl.
6. Aufl./Lfg. 09.2023

Kommentierung | HGB
§ 34 Anmeldung und Eintragung von Änderungen
Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 6. Aufl.
6. Aufl./Lfg. 09.2023

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.10.2023 13:19
Quelle: BGH online

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