Aktuell in der GmbHR

Aktuelles Steuerrecht rund um die GmbH und ihre Gesellschafter 2023/2024 (Binnewies/Mückl/Olbing, GmbHR 2023, 1289)

Das Jahr 2023 ist von Seiten der Gesetzgebung durch den Entwurf des Wachstumschancengesetzes geprägt. Neben einer Vielzahl von kleineren wie größeren Entlastungen (z.B. Ausweitung des Verlustrücktrags) enthält es auch einzelne, aber gravierende Verschärfungen (insb. Meldepflicht für nationale Gestaltungen). Die Finanzverwaltung hat sich im Jahr 2023 zurückgehalten. Der Entwurf für den neuen UmwStG-Erlass zeichnet sich dadurch aus, dass er die seit 2011 zahlreich ergangenen Gesetzesänderungen sowie Entscheidungen des BFH berücksichtigt, ohne überraschende Akzente zu setzen. Dazu gibt es die Verfügung der OFD Frankfurt a.M. zur Einlagenrückgewähr bei Anteilserwerb zu verschiedenen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Anschaffungskosten. In der Finanzrechtsprechung ist eine Vielzahl von GmbH-relevanten Entscheidungen ergangen. Zur vGA bestätigt der BFH seine Rechtsprechung, dass das Begriffsverständnis auf Gesellschaftsebene ein anderes ist als das auf der Gesellschafterebene. Ferner gibt es klarstellende Entscheidungen zu Gesellschafterdarlehen und -verrechnungskonto. Trotz Gegenwehr der Finanzverwaltung seit der Grundsatzentscheidung des BFH zur Frage der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum der Einbringung eines Einzelunternehmens in die GmbH bleibt die Rechtsprechung dabei, dass diese auch bei Entstehen von Negativkapital nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führen. Die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht der Gesellschafter ist nach zutreffender Auffassung des BFH beteiligungsbezogen und nicht anteilsbezogen zu betrachten. Der Gesellschafter selbst kann nach Auffassung des BFH den Bescheid über die Feststellung des Einlagekontos nicht anfechten. Die Entscheidung des BVerfG hierzu steht aus. Dass es bis zur verfassungsrechtlichen Überprüfung von Steuergesetzen Jahrzehnte dauern kann, zeigen die in 2023 veröffentlichten Entscheidungen des BVerfG zu den Übergangsreglungen bei der Überführung des Anrechnungsverfahrens in das Teileinkünfteverfahren 2000/2001. Während bei der ertragsteuerlichen Organschaft der BFH immer strenger wird, weitet er den Anwendungsbereich der umsatzsteuerlichen Organschaft immer weiter aus. Zudem sind die Haftungsgefahren für den Berater notleidender GmbHs nochmals empfindlich verschärft worden.

A. Aktuelles aus der Gesetzgebung
I. Wachstumschancengesetz
II. Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie
B. Aktuelles aus der Finanzverwaltung
I. BMF-Schreiben zur Beherrschungsidentität bei mittelbarer Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an eine Besitz-Personengesellschaft
II. Außensteuergesetz
III. Entwurf für einen neuen Anwendungserlass zum UmwStG
C. Aktuelles aus der Rechtsprechung
I. Zur verdeckten Gewinnausschüttung
1. Angemessene Verzinsung des Gesellschafterverrechnungskontos
2. Angemessene Verzinsung des Gesellschafterdarlehens
3. Versorgungszahlung un
d Geschäftsführergehalt
4. Voraussetzungen einer vGA bei Überlassung einer Geschäftschance
5. Verhältnis von § 1 AStG zur vGA
6. (Keine) vGA bei Ablösung einer rückgedeckten Pensionszusage in der Krise
7. VGA bei Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis
8. Keine vGA bei Rückkauf von Wandelanleihen
9. Gewinn-/Umsatztantieme eines Minderheitsgesellschafters
a) Zur Gewinntantieme
b) Zur Umsatztantieme
c) Stellungnahme
10. Angemessenheit der Verzinsung einer Versorgungszusage
11. Einkommenserhöhung durch verdeckte Einlage bei Nichtberücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung
12. Anscheinsbeweis für private Kfz-Nutzung durch Alleingesellschafter-Geschäftsführer
13. Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und vGA
14. VGA im Zusammenhang mit Korruptionsfällen
15. Unterschiedliches Begriffsverständnis der vGA
II. Zur Besteuerung des Geschäftsführers
1. Geschäftsführerhaftung auch bei eigenem Unvermögen
2. Geschäftsführer-Abschiedsfeier und unangemessener Repräsentationsaufwand
III. Zur Beteiligung an der GmbH
1. Gewinnerzielungsabsicht
2. Anteilsrotation
3. Verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft
4. Wirtschaftliches Eigentum an einem GmbH-Anteil bei einem Unter-Unterbeteiligungsverhältnis
5. Berechnung des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung
6. Gründungsaufwand bei der GmbH
IV. Zu § 8b KStG
1. Keine Steuerbefreiung für Konfusionsgewinne (§ 8b Abs. 3 Satz 9 KStG)
2. Schadensersatz und § 8b KStG
V. Zur verdeckten Einlage
1. Zuwendung eines Anspruchs auf bereits aufgelaufene Zinsen
2. Spende an die Tochter-Gesellschaft
VI. Zur inkongruenten Ausschüttung
1. Satzungsdurchbrechung
2. Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausgestalteten Rechten (Gewinnbezugsrechten und Stimmrechten)
VII. Aktuelles zum Einlagekonto
1. Aktuelles aus der Verwaltung: Einlagenrückgewähr und Anteilserwerb zu verschiedenen Zeitpunkten
a) Anteilserwerb zu verschiedenen Zeitpunkten = Gesondertes Festhalten der Anschaffungskosten
b) Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto
2. Aktuelles aus der Rechtsprechung
a) Korrektur des Bescheids über die Feststellung des Einlagekontos nach § 129 AO
b) Nacherhebung der Kapitalertragsteuer für eine offene Gewinnausschüttung in den Fällen des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG
(1) Strenge BFH-Rechtsprechung zur Notwendigkeit der Einhaltung sämtlicher formaler Voraussetzungen des § 27 KStG
(2) Wahlrecht der Finanzbehörde zur Inanspruchnahme der Gesellschaft
c) Einlagerückzahlung und Bewertung des GmbH-Anteils
(1) Bewertung der Einlagen von GmbH-Beteiligungen
(2) Berücksichtigung von Auskehrungen aus dem Einlagekonto
(3) „Hineinwachsen in die Wesentlichkeit“
d) Keine Drittanfechtung des Einlagekontos
e) Einbringung mit Rückwirkung und Einlagekonto
f) Wirtschaftliche Neugründung einer Kapitalgesellschaft und Einlagekonto nach § 27 KStG
3. Aktuelles vom Gesetzgeber
VIII. Zur Gewerbesteuer
1. Gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg bei doppeltansässigen Kapitalgesellschaften
2. Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a GewStG nach qualifiziertem Anteilstausch
IX. Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht
X. Zum Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter
1. Keine Zufluss-Fiktion von Arbeitslohn bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern im Fall der fehlenden Passivierung bei der GmbH
2. Kein Zufluss bei Verzicht auf Pension durch Scheidungsfolgenvereinbarung
XI. Organschaft
1. Ertragsteuerliche Organschaft
2. Umsatzsteuerliche Organschaft
XII. Umwandlungsrecht
XIII. Wegzugsbesteuerung bei vorübergehender Abwesenheit
D. Sonstiges
I. Einbringung
1. Einbringung des Einzelunternehmens und Entnahmen im Rückwirkungszeitraum
a) Verfahrensrecht
b) Materielles Recht
2. Einbringung von GmbH-Anteilen
II. Keine (verfahrensrechtliche) Gesamtrechtsnachfolge bei Ausgliederung
III. Verfassungsrechtliche Überprüfung der KSt Reform 1999/2000
IV. Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung und Betriebsaufspaltung


A. Aktuelles aus der Gesetzgebung

I. Wachstumschancengesetz
1
Mit dem „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ – im Folgenden Wachstumschancengesetz – hat die Bundesregierung ein umfangreiches Reformgesetz vorgelegt, mit folgenden Zielen:

  • Verbesserung der Liquiditätssituation der Unternehmen,
  • Vereinfachung des Steuersystems insb. durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen,
  • Vermeidung unerwünschter Steuergestaltungen,
  • Modernisierung des Steuerrechts im Rahmen des Koalitionsvertrags.

2
Der Regierungsentwurf vom 30.8.2023 weicht nur unwesentlich vom Referentenentwurf ab. Nachfolgend werden aus der Vielzahl der geplanten Änderungen nur die hervorgehoben, bei denen ein besonderer GmbH-Bezug besteht.

3
Zinsschranke, § 4h EStG: Die Zinsabzugsbeschränkung nach § 4h EStG und § 8a KStG soll an die Vorgaben der Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) angepasst werden. Die im Referentenentwurf noch vorgesehene Umwandlung der Freigrenze von 3 Mio. € in einen Freibetrag ist im aktuellen Regierungsentwurf nicht mehr enthalten. Einführung einer Zinshöhenschranke, § 4l EStG: Bei grenzüberschreitenden Darlehen sieht die Bundesregierung die Gefahr der Gewinnverlagerung ins niedrig besteuernde Ausland. Nun soll mit einer neuen Vorschrift der Betriebsausgabenabzug auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte auf einen angemessenen Betrag beschränkt werden. Zinsaufwendungen bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG sollen nicht abziehbar sein, soweit diese auf einem über dem Höchstsatz liegenden Zinssatz beruhen, der sich an dem Basiszinssatz nach § 247 BGB orientiert. Der Steuerpflichtige soll jedoch die Möglichkeit erhalten, einen höheren Zinssatz zu rechtfertigen.

4
Erweiterter Verlustrücktrag, § 10d Abs. 1 EStG: Der mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vorläufig auf zwei Jahre erweiterte Verlustrücktrag soll dauerhaft auf drei Jahre ausgedehnt werden. Darüber hinaus sollen die auf 10 Mio. € bzw. auf 20 Mio. € (bei Ehegatten) angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag dauerhaft beibehalten werden. Diese Änderungen gelten auch für die Körperschaftsteuer (§§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG). Eine darüber hinaus gehende betragsmäßige Erweiterung für Körperschaften ist weiterhin nicht vorgesehen. Erweiterter Verlustvortrag, § 10d Abs. 2 EStG: Von besonderer Bedeutung ist die geplante Erweiterung des Verlustvortrags. Derzeit ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. € bzw. 2 Mio. € (bei Ehegatten) der Verlustvortrag für jedes Verlustvortragsjahr unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, ist der Verlustvortrag auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahrs beschränkt. Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 wird der Verlustvortrag auf 80 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahrs erweitert. Diese Änderung gilt auch für die Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG).

5
Ab dem Veranlagungszeitraum 2028 soll bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung die Prozentgrenze von 60 % wieder angewandt werden. Die im Referentenentwurf noch vorgesehene Erhöhung der Sockelbeträge auf 10 Mio. € bzw. 20 Mio. € (bei Ehegatten) ist im Regierungsentwurf nicht mehr enthalten.

6
Option zur Körperschaftsbesteuerung, Personengesellschaften, § 1a Abs. 1 Satz 1 bis 4 KStG: Alle Personengesellschaften sollen die Möglichkeit erhalten, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren. Option zur Körperschaftsbesteuerung, Kommanditgesellschaft, § 1a Abs. 2 Satz 2 KStG: Mit der Ergänzung des Satzes 2 soll sichergestellt werden, dass die steuerneutrale Ausübung der Option nicht allein dadurch ausgeschlossen wird, dass in Fällen, in denen die Beteiligung an einer Komplementärin einer optierenden KG (i.d.R. eine zu null Prozent beteiligte GmbH) eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, diese Beteiligung nicht in die optierende Gesellschaft eingebracht wird. Option zur Körperschaftsbesteuerung, thesaurierte Gewinne, § 1a Abs. 3 Satz 5 KStG: Bei beherrschenden Gesellschaftern einer optierenden Personengesellschaft soll ein kapitalertragsteuerpflichtiger Zufluss erst bei tatsächlicher Entnahme anzunehmen sein.

7
Zinsschranke, Gesellschafter-Fremdfinanzierung, § 8a Abs. 3 Satz 1: Hier ist auf ein zweifelhaftes Nicht-Anwendungs-Gesetz hinzuweisen. Im Urteil vom 11.11.2015 – I R 57/13 hat der BFH zutreffend entschieden, dass die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter bei Prüfung der 10-Prozent-Grenze zur schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG nicht zusammenzurechnen sind. Die Finanzverwaltung will nun mit der Änderung die bisherige Verwaltungsauffassung wiederherstellen. Unabhängig davon wird ....



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.12.2023 16:27
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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