22 / 2016

Prof. Dr. Johannes Wertenbruch, Marburg*

Kommt die fakultative GbR-Registereintragung?

I. Rechts- und Parteifähigkeit einer GbR

Mit großer Mehrheit (48 : 1 : 3) wurde auf dem 71. Deutschen Juristentag in Essen im September diesen Jahres mit dem wirtschaftsrechtlichen Generalthema „Grundlegende Reform des Personengesellschaftsrechts” der auf Einführung einer fakultativen GbR-Registereintragung gerichtete Beschlussantrag (I.5.c]) angenommen (www.djt.de). Das GbR-Register bildete auch einen Schwerpunkt bei den Diskussionen. Mit der Grundsatzentscheidung vom 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 hat der II. Zivilsenat des BGH im Anschluss an neuere Literaturauffassungen die Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft (GbR) anerkannt. Dieser Status der GbR wird heute nicht mehr ernsthaft in Frage stellt. Das Gleiche gilt für die in diesem Grundsatzurteil ebenfalls bejahte persönliche unbeschränkte Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR gemäß § 128 HGB analog. Die Gläubiger der GbR können aber bislang keinem öffentlichen Register entnehmen, welche Personen persönlich in Anspruch genommen werden können, falls die GbR die gegen sie gerichteten Forderungen nicht bedient. Bei der OHG und KG können dagegen die persönlich haftenden Gesellschafter dem Handelsregister entnommen werden. Das fehlende GbR-Register macht sich auch dann bemerkbar, wenn ein Gläubiger die GbR verklagen will und dafür in der Klageschrift die vertretungsberechtigten Gesellschafter angeben muss, um eine ordnungsgemäße Zustellung zu gewährleisten.

II. Probleme im Grundbuchverkehr

Besonders gravierende Probleme verursacht das fehlende GbR-Register im Bereich des Grundbuchverkehrs. Mit Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR im Jahre 2001 stand zugleich fest, dass die GbR als solche auch Grundstückseigentum erwerben und darüber verfügen kann. Umstritten war aber zunächst noch die Frage, in welcher Form die GbR in das Grundbuch einzutragen ist und wie sich Veränderungen im Gesellschafterbestand auswirken. Mit Beschluss vom 4.12.2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179, 102 hat der für Grundstücksangelegenheiten zuständige V. Zivilsenat des BGH die Grundbuchfähigkeit der GbR anerkannt und auf die Notwendigkeit einer Eintragung der GbR-Gesellschafter in das Grundbuch verzichtet; es genüge vielmehr die Eintragung des Namens, unter dem die GbR im Rechtsverkehr auftrete. Daraufhin hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11.8.2009 (BGBl. I 2009, 2713 ff.) durch eine Änderung des § 47 GBO die zusätzliche Eintragung aller Gesellschafter der GbR in das Grundbuch vorgeschrieben. Zugleich wurde durch Einfügung des § 899a BGB die Vermutungswirkung der Grundbucheintragung „in Ansehung des eingetragenen Rechts” auch darauf erstreckt, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO im Grundbuch eingetragen sind.

Das zentrale Problem besteht bei Grundstücksveräußerungen durch eine GbR darin, dass alle Gesellschafter kraft Gesetzes gesamtvertretungsberechtigt sind, während die OHG-Gesellschafter grundsätzlich eine Einzelvertretungsbefugnis haben, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Gesamtvertretung anordnet und dies ordnungsgemäß für die OHG in das Handelsregister eingetragen wird. Bei der GbR kann zwar durch den Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern eine Einzelvertretungsberechtigung eingeräumt werden, dies ist aber für den Rechtsverkehr aufgrund des bislang fehlenden Gesellschaftsregisters nicht ohne weiteres und jedenfalls nicht in zuverlässiger Weise ersichtlich. Zudem sind die GbR-Gesellschaftsverträge – anders als die GmbH-Satzung – nicht beurkundungspflichtig und können jederzeit formlos geändert werden, und zwar auch unmittelbar vor der notariellen Beurkundung eines Grundstücksgeschäfts mit der Folge, dass der Grundstückskäufer und auch der beurkundende Notar über die wahren Vertretungsverhältnisse womöglich im Unklaren bleiben.

III. Beseitigung der fehlenden Transparenz des Gesellschafterbestands

Der BGB-Gesetzgeber hatte mit der Einführung des § 899a BGB beabsichtigt, die mit der fehlenden Transparenz des Gesellschafterbestands, also der gesetzlichen Anzahl der Gesamtvertreter, zusammenhängenden Probleme bei Grundstücksverkäufen zu beseitigen. Die h.L. legt aber – m.E. nicht überzeugend – § 899a BGB dahin gehend aus, dass die von der Regelung angeordnete Vermutungswirkung nur für die dingliche Verfügung, also die Auflassung und Grundbucheintragung, nicht aber für das zugrunde liegende Kausalgeschäft und damit insbesondere nicht für den Grundstückskaufvertrag gilt. Wenn also die GbR ein Grundstück veräußert und vor der notariellen Beurkundung ein Gesellschafter aufgenommen wird, der noch nicht im Grundbuch eingetragen worden und weder dem Notar noch dem Käufer bekannt ist, dann muss der Käufer bei Zugrundelegung der herrschenden Lehre das Grundstück nach Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) an die GbR, vertreten durch alle tatsächlichen Gesellschafter, wieder herausgeben.

Der Grundstückserwerb von einer GbR ist damit zurzeit aufgrund des fehlenden GbR-Registers mit erheblichen Risiken für den Käufer und die beurkundenden Notare verbunden. Eine befriedigende Lösung der Problematik kann m.E. in Übereinstimmung mit dem DJT-Beschluss nur durch Einführung eines GbR-Registers erfolgen, aus dem insbesondere die Vertretungsverhältnisse ersichtlich sind. Das zentrale Gegenargument, Gelegenheitsgesellschaften in der Rechtsform der GbR sei der mit der Registereintragung verbundene Aufwand nicht zumutbar, überzeugt nicht, sofern die Registrierung, wie vom Deutschen Juristentag beschlossen, fakultativ ist und damit keinen staatlichen Eintragungszwang zulasten dieser Gesellschaften auslöst. Die GbR „muss” sich aber registrieren lassen, wenn sie ihrerseits als Erwerber eines Grundstücksrechts in das Grundbuch, als Kommanditist in das Handelsregister oder als GmbH-Gesellschafterin in die GmbH-Gesellschafterliste eingetragen werden will. Auch das weitere Gegenargument, die Einführung eines GbR-Registers sei für die Landesjustizverwaltungen mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, verfängt nicht. Denn im Falle der Registrierung der GbR als solcher muss in das Grundbuch, in das Handelsregister und in die GmbH-Gesellschafterliste nur noch der Name der GbR als Rechtsinhaberin eingetragen werden; alle weiteren Angaben zur GbR ergeben sich dann aus dem zentralen GbR-Register. Es entfällt also in beträchtlichem Umfang der gegenwärtige Aufwand für die Eintragung aller GbR-Gesellschafter und insbesondere für die Berichtigungen bei Veränderungen des Gesellschafterbestands in den zahlreichen Fällen der Eintragung der GbR im Grundbuch, in der GmbH-Gesellschafterliste (vgl. für die Eintragung aller GbR-Gesellschafter OLG Hamm v. 24.5.2016 – 27 W 27/16, GmbHR 2016, 1090 m. Komm. Wachter; a.A. Huneke, GmbHR 2016, 1186 ff. – in dieser Ausgabe) und im Handelsregister als Kommanditistin einer KG.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 23.02.2017 08:53