16 / 2017

Prof. Dr. Ulrich Seibert / Dr. Christian Bochmann, LL.M. / Dr. Johannes Cziupka

Prozentangaben in der Gesellschafterliste: Praktische Handreichung und Plädoyer für (register-)gerichtliche Zurückhaltung

Im Zuge der Schaffung des Transparenzregisters (dazu Seibert, GmbHR 2017, R97 f.; Bochmann, DB 2017, 1310 ff.) hat der Gesetzgeber auch die inhaltlichen Vorgaben für die Erstellung von GmbH-Gesellschafterlisten erweitert. Einige wichtige praktische Zweifelsfragen, die auch die Gerichte anhaltend beschäftigen (zuletzt OLG Frankfurt a. M. v. 4.11.2016 – 20 W 269/16, GmbHR 2017, 868 m. Komm. Heidinger – in dieser Ausgabe), wurden damit beantwortet – aber (wie ja meist bei Gesetzesänderungen) auch neue aufgeworfen. Das BMJV wird dazu auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 40 Abs. 4 GmbHG n.F. so bald wie möglich Klarheit schaffen. Bis dahin können den Listeneinreichern und Registergerichten die nachfolgenden pragmatischen Leitlinien im Umgang mit den Neuregelungen eine Hilfe sein.


I. Neuregelung

Zur leichteren Erkennbarkeit vor allem „gewichtiger” Beteiligungen sind nunmehr in den Gesellschafterlisten – sowohl bei Gründung (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG n.F.) als auch bei späteren Veränderungen (§ 40 Abs. 1 GmbHG n.F.) – prozentuale Angaben über die Beteiligungsverhältnisse aufzunehmen. Damit soll vor allem die Identifikation wirtschaftlich Berechtigter (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWG) im Sinne des neuen Transparenzregisters erleichtert werden. Zugleich wird die Nutzerfreundlichkeit der Listen insgesamt gefördert. Die Angabepflicht der prozentualen Beteiligung ist zunächst auf den einzelnen Anteil bezogen (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F.). Für den Fall, dass ein Gesellschafter mehr als einen Anteil hält, ist seine gesamte prozentuale Beteiligung am Stammkapital anzugeben. Bei Verwendung des Musterprotokolls sind prozentuale Angaben jeder Art nicht erforderlich; § 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG fingiert eine ordnungsgemäße Gesellschafterliste unabhängig von den Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG n.F. (dazu näher demnächst in einem weiteren Beitrag in dieser Zeitschrift).


II. Iudex non calculat?

Was auf den ersten Blick als biedere Rechenoperation erscheinen mag, stellt den Rechtsanwender doch vor verschiedene zwar nicht im engeren Sinne mathematische, aber doch praktische Herausforderungen: Wie viele Dezimalstellen sind geboten? Wie ist zu runden? Ist die Darstellung als Bruchzahl gestattet? Diese Fragen, die vielleicht nicht zu den ganz großen unserer Zeit zählen dürften, haben die Praxis doch in erhebliche Unruhe versetzt.

Mangels gesetzlicher Detailregelungen (die Verordnung dazu wird sie erst bringen) sind im Lichte des Zwecks des Gebots der Prozentangaben pragmatische Lösungen zu entwickeln. Dieser liegt allein darin, die Gesellschafterliste für die Praxis leichter lesbar zu machen (Begr. RegE Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 18/11555, S. 207). Es soll dem Rechtsverkehr letztlich ermöglicht werden, gerade auch bei komplexen Beteiligungsstrukturen „auf einen Blick” die gewichtigen Anteilsinhaber – insbesondere die mit mehr als 25 % am Stammkapital Beteiligten und damit „wirtschaftlich Berechtigten” – zu erkennen. Für die Praxis dürften die nachfolgenden Aspekte (1) bis (5) von Bedeutung sein. Dabei sei daran erinnert, dass das Gestaltungsermessen des Listenerstellers durch den Zweck der Gesellschafterliste, Transparenz über die Beteiligungsverhältnisse zu ermöglichen und die Geschäftsanteile unzweifelhaft zuzuordnen, konkretisiert wird, was letztlich aber auch ein „Konsistenzgebot” in Bezug auf die Angaben begründet (Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2013, § 40 Rz. 21):

  • (1) Zulässig sind nach dem zum Gesetzeszweck Ausgeführten Rundungen bei den Prozentangaben. Diese können grundsätzlich auf eine Stelle hinter dem Komma erfolgen. Atomistische Hinterkommastellen verwirren den Leser der Liste und laufen dem Gesetzeszweck zuwider. Diese sollten allerdings einheitlich erfolgen, etwa nach kaufmännischen Prinzipien (Abrundung bei den Ziffern 0 bis 4; Aufrundung bei den Ziffern 5 bis 9). Soll nicht mit Rundungen gearbeitet werden, ist es alternativ möglich, die Nachkommastellenkette schlicht irgendwann (einheitlich) abzubrechen. Eine „Mischform” aus Rundungen und „abgebrochenen” Nachkommastellen sollte unterbleiben, weil hiermit die Klarheit der Gesellschafterliste getrübt würde.

  • (2) Ergibt die Rundung bei einem Geschäftsanteil 0,0 % (etwa bei einem 1 €-Anteil an einer GmbH mit Mindeststammkapital von 25.000 €), dürfte die Rundung streng betrachtet erst bei späteren Nachkommastellen ansetzen, weil eine Prozentangabe „0,0” irreführend wäre. Es wird allerdings erwogen, in der erwähnten Verordnung für Kleinstbeteiligungen, bei denen der Anteil des Nennbetrags weniger als 1,0 % vom Stammkapital beträgt, die Angabe „< 1 %” ausreichen zu lassen. Wird § 40 Abs. 1 GmbHG n.F. nach Sinn und Zweck ausgelegt, dürfte diese Darstellung aber auch schon jetzt zulässig sein.

  • (3) Ein Ausweg aus Rundungsproblemen kann im Einzelfall die Verwendung von Bruchzahlen bei Nachkommastellen sein (etwa bei drei quotenidentisch beteiligten Gesellschaftern jeweils „33 1/3 %”). Die Darstellung von Beteiligungsquoten durch einen Bruch mit Beteiligungsnennwert im Zähler und Stammkapitalziffer im Nenner entspricht allerdings nicht den Anforderungen, weil auf diese Weise keine „prozentuale Beteiligung” (Prozent = „vom Hundert”) dargestellt würde. Das „Denken in Hundertstel” ist letztlich auch dem Umstand geschuldet, dass für die „wirtschaftliche Berechtigung” von Gesellschaftern im Sinne der 4. EU-Geldwäscherichtlinie auf Prozentzahlen („mehr als 25 %”) rekurriert wird.

  • (4) Werden bei den Angaben nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. Rundungen vorgenommen, sollten für die prozentuale Gesamtbeteiligungsangabe nach § 40 Abs. 1 S. 3 GmbHG n.F. nicht diese Einzelangaben addiert werden, da sich Rundungsunschärfen damit vertiefen würden, sondern die – ggf. ihrerseits zu rundende – Gesamtbeteiligung aus dem Verhältnis der Summe der Einzelnennwerte zum Stammkapital ermittelt werden. Ein Sonderproblem ergibt sich dann, wenn auf den Wert von 25,0 % abgerundet wird. Denn damit würde die Gesellschafterliste den falschen Anschein erwecken, der betreffende Gesellschafter sei kein wirtschaftlich Berechtigter, ist doch hierfür eine Beteiligung von „mehr als 25 %” erforderlich. Liegt ein solcher Sonderfall vor, sollte mit mehr Nachkommastellen gearbeitet werden (zutreffend Elsing, Notarbüro 2017, 45 [46]).

  • (5) Weitere zu akzeptierende Konsequenz von Rundungen ist, dass die Summe aller Einzelangaben nicht den Wert „100 %” ergibt. Transparenzeinbußen werden hierdurch jedoch nicht eintreten, da allein die Beteiligungsquote des jeweiligen Anteilsinhabers von Interesse ist.


III. Listengestaltung

§ 40 GmbHG n.F. macht keine näheren Angaben zum Aufbau der Gesellschafterliste (eröffnet dem Verordnungsgeber aber auch insofern Gestaltungsspielräume). Aufgrund des neuen Gebots, für Gesellschafter mit mehr als einem Geschäftsanteil deren prozentuale Gesamtbeteiligung gesondert auszuweisen, kann es künftig zweckmäßig sein, die Gesellschafterliste nach Anteilsinhabern zu gliedern und deren jeweilige Gesamtbeteiligung in einer weiteren Spalte aufzuführen. Bei der Gliederung nach Geschäftsanteilen können an das Ende der Gesellschafterliste gesonderte Zeilen mit Angaben zu den addierten prozentualen Beteiligungsverhältnissen angefügt werden; diese können auch darstellerisch von der Gesellschafterliste abgesetzt sein. Es darf allerdings kein gesondertes Dokument sein, denn einzureichen ist „eine” Gesellschafterliste.


IV. Plädoyer für (register-)gerichtliche Zurückhaltung

In Anbetracht der komplexeren Anforderungen an die Erstellung der Gesellschafterliste ist die nach h.M. allein auf formelle Listenmängel und evidente Unrichtigkeiten beschränkte Prüfungskompetenz der Registergerichte (BGH v. 17.12.2013 – II ZB 6/13, BGHZ 199, 270 = GmbHR 2014, 248, Rz. 7 [dazu Herrler, GmbHR 2014, 225 ff.]) in Erinnerung zu rufen – und ernst zu nehmen! Das Registergericht darf nur überprüfen, ob eine eingereichte Liste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG genügt (BGH v. 20.9.2011 – II ZB 17/10, BGH 191, 84 = GmbHR 2011, 1269, Rz. 10 [dazu Bayer, GmbHR 2011, 1254 ff.]).

Unstreitig hat der Listenersteller ein Gestaltungsermessen. Ein Fehlgebrauch dieses Ermessens liegt aber nur dann vor, wenn die Identifikations- und Zuordnungsziele der Gesellschafterliste nicht erreicht werden. Es muss zwischen dem Ziel einer möglichst hohen Gleichförmigkeit der Listen einerseits und der Meidung unnötiger Bürokratie durch feinsinnige Auslegungsstreitigkeiten andererseits ein pragmatischer Kompromiss gefunden werden. Da der Gesetzgeber keine näheren Vorgaben zu den Prozentangaben macht, ist dieses Gestaltungsermessen sehr weitgehend. Im Hinblick auf die Prozentangaben ist weiter zu berücksichtigen, dass diese keine materiell-rechtlichen Wirkungen entfalten. Es handelt sich um reine Zusatzangaben, sie haben insbesondere keine Bedeutung für die Legitimationswirkungen gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG. Maßgebend ist und bleibt für den Umfang der Beteiligung der Gesellschafter allein die Summe der Nennbeträge der von ihnen jeweils gehaltenen Geschäftsanteile. Dementsprechend würde es deutlich zu weit gehen, wenn die Aufnahme einer Gesellschafterliste etwa wegen einer bestimmten Rundungstechnik bei den Prozentangaben verweigert werden würde. Die Prüfungskompetenz des Registergerichts kann richtigerweise allein dahingehen, ob überhaupt Prozentangaben nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG n.F. (und ggf. S. 3) in der Gesellschafterliste enthalten sind. Nicht aber kann es eine bestimmte Art und Weise der Darstellung der Prozentangaben verlangen. Auch Rechenfehler bei der Ermittlung der Prozentangaben sind – vorbehaltlich evident unrichtiger Prozentangaben – kein Grund zur Verweigerung der Aufnahme der Gesellschafterliste. Bei diesbezüglichen Zweifeln ist die Gesellschafterliste vielmehr gleichwohl zum Handelsregister aufzunehmen; es können jedoch ergänzende Hinweise zu etwaigen mathematischen Fehlern oder Ungenauigkeiten in der Gesellschafterliste gegeben werden (hierzu Seibt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2013, § 40 Rz. 94).

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Prof. Dr. Ulrich Seibert ist Leiter des Referats für Gesellschaftsrecht im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und Honorarprofessor an der Universität Düsseldorf; Dr. Christian Bochmann, LL.M. (Cambridge), ist Rechtanwalt am Hamburger Standort der Sozietät Flick Gocke Schaumburg und geschäftsführender Direktor des Notarrechtlichen Zentrums Familienunternehmen der Bucerius Law School; Dr. Johannes Cziupka ist Notarassessor in Hamburg.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 28.08.2017 09:51